- Quantenphysik -
Prof. Dr. Hans-Peter Dürr, 1927–2013, war langjähriger Mitarbeiter von Werner Heisenberg und Direktor des Max-Planck-Instituts für Physik.
Hans-Peter Dürr gilt als einer der großen Interpreten der Quantenphysik.
Textausschnitte aus
“AUCH DIE WISSENSCHAFT SPRICHT NUR IN GLEICHNISSEN”
- Die neue Beziehung zwischen Religion und Naturwissenschaften -
Herder-Verlag, Freiburg, 2004
… Die Welt ist ein nichtauftrennbares Ganzes, ein Nicht-Zweihaftes, eine Adualität, … ein Kosmos, der alles mit allem unauflösbar verbindet.
Materie ergibt sich sekundär als Phänomen durch eine Art Verbindung von Verbundenheit. Gestalt ist also nicht Form, eine Anordnung von Materie, sondern umgekehrt: Materie ist gewissermaßen eine Verklumpung von Gestalt oder
Verknotung von Verbindungen. Materie ist nicht aus Materie aufgebaut. Es gibt damit streng genommen auch nicht mehr die für uns so selbstverständliche, zeitlich durchgängig existierende, von materiellen Objekten weiter getragene,
objektivierbare Welt. Was zukünftig geschieht, ist das Ergebnis einer Überlagerung vieler ausgebreiteter, wellenartiger Erwartungsfelder, deren Intensitätsverteilung die Wahrscheinlichkeit von zukünftigen für uns erkennbaren
und instrumentell messbaren materiell-energetischen Ausprägungen bestimmt.
Es gibt nicht mehr das teilchenartige Elektron, das auf einer bestimmten Bahn von einem Raumpunkt zu einem anderen läuft. Es gibt nur eine Verknüpfung von elektron-artigen Ereignissen: Ein, wegen der prinzipiellem Unschärfe,
etwas „ausgeschmiert“ erscheinendes Elektron verschwindet an einem Punkt, und etwas später, an einer anderen, nicht genau bestimmten Stelle, entsteht wieder ein Elektron. Es ist wie ein spontanes Abtauchen und späteres, mit bestimmten
Wahrscheinlichkeiten an anderen Stellen Wieder-Auftauchen, ohne dass etwas die Zwischenpunkte der beiden Ereignisse auf einer Bahn durchlaufen hat. Die Logistik dieses Doppelphänomens, des Verschwindens und Entstehens, ist diesem
eigenartigen potentiellen Wellenfeld anvertraut, einem „Erwartungsfeld“, an dessen Entstehen streng genommen alles in der Welt beteiligt ist. Dies ist kein Energiefeld, sondern mehr ein über die ganze Welt ausgedehntes (nicht
an den drei-dimensionalen Raum gebundenes), grenzenloses Informationsfeld, das eine Beziehungsintensität misst.
… Der Geist ist am Fundament der Wirklichkeit. Er kommt nicht erst durch den Menschen in die Welt, sondern er wird durch den Menschen zum ersten Mal bewusst erfahrbar.
… Was die Menschen als „Gott“ bezeichnen, entspringt einer überwältigend intensiven Erfahrung, die mit dem Gefühl der Selbstaufgabe im Sinne eines Verlusts des Ego verbunden ist. Es ist eine Hinwendung zum mystischen Ich, eine freudige
Hingabe, die ohne Angst ist, weil sich im tiefen Selbst das Ich zum unbegreiflichen Ganzen weitet. Es ist verständlich, dass wir die Begegnung mit dem Göttlichen mit einer innigen menschlichen Beziehung vergleichen. Es ist ein
eindrucksvolles Gleichnis. Welch andere Metapher steht uns dafür in unserer beschränkten Sprache zur Verfügung?
Aber die völlige Hingabe ist bei dieser Begegnung wesentlich. In der Hingabe verwandelt sich Kommunikation zur Kommunion. Mein Selbst, das noch meinen Namen trägt, geht dann verloren. Es geht nicht eigentlich verloren, sondern
es geht auf in dem größeren Selbst, das letztlich in das Ganze, die Nicht-Zweiheit … mündet. … Im Augenblick der vollkommenen Hingabe sind wir uns nicht bewusst, dass wir unsere Individualität aufgegeben haben.
Der Stringphysiker Brian Greene betont in einer auf ARTE
gesendeten Dokumentation „Der Stoff, aus dem der Kosmos ist“, dass „die Gesetze
der Quantenmechanik für alle Atome und Elementarteilchen im Universum gelten. …
Aber bedenken Sie: ich bestehe aus Atomen und Sie auch! Demzufolge verraten
diese Gesetze nicht nur etwas über die Ebene der kleinsten Objekte, sondern über UNSERE Wirklichkeit !“
Eindringlich verweist Greene
darauf: „… Seit über 75 Jahren treffen
wir mit den Gesetzen der Quantentheorie Vorhersagen, wie sich Atome und
subatomare Teilchen verhalten. Und Experiment für Experiment haben ihre Gesetze
stets recht behalten. Es ist die beste Theorie, die wir haben. Es gibt
buchstäblich Milliarden Beweisstücke für die Quantenmechanik. Bisher hat noch
kein einziges Experiment die Quantenmechanik widerlegt.“
- Quantenphysik -
Hier eine der relativ seltenen verständlichen physikalischen Begründungen der
Quantenphysik und des enormen wissenschaftlichen Erkenntnisschrittes von der
klassischen Physik zur modernen Quantenphysik. Kurzfassung eines Vortragsmanuskriptes des
Quantenphysikers Hans-Jürgen Fischbeck. Über die schwerer nachzuvollziehenden
mathematischen Begründungen kann dabei hinweg gelesen werden.
Das 19.
Jahrhundert war das Jahrhundert der klassischen
Physik. Aufbauend auf der von Lagrange, Poisson, Hamilton u. a. weiter
entwickelten klassischen (Punkt)-Mechanik wurde die Mechanik ausgedehnter materieller Objekte, nämlich starrer Körper, Flüssigkeiten und Gase entwickelt sowie
die Thermodynamik. Hinzu kam die Theorie des elektrischen Feldes von Faraday
und Maxwell.
Zu Beginn
des 20. Jahrhunderts vollendete Einstein die klassische Physik mit seiner
speziellen (1905) und allgemeinen Relativitätstheorie (1915). Letztere erklärt
die allgemeine Massenanziehung (Gravitation) als eine durch Massen bewirkte
Krümmung der Raumzeit und enthält die Newtonsche Gravitation als eine Näherung.
Die so
vollendete klassische Physik blieb aber noch immer innerhalb des Paradigmas,
das die klassische Mechanik vorgezeichnet hat. Man kann es wie folgt
beschreiben: Die Objekte der Physik sind bzw. bestehen aus Teilchen
und Feldern, die man objektiv beobachten und deren Eigenschaften man
experimentell messen kann. Objektiv beobachten heißt dabei, dass die Ergebnisse
unabhängig von der Person sind, die die Beobachtung bzw. Messung macht, wobei
anzunehmen ist, dass die Beobachtung das Objekt nicht wesentlich stört, so dass
es die beobachteten Eigenschaften an sich hat,
so wie jedes Ding Form, Farbe, Gewicht etc. hat.
D. h. Teilchen und Felder existieren an sich, auch dann, wenn sie nicht
beobachtet werden. Das Verhalten von Teilchen und Feldern in Raum und Zeit ist
eindeutig bestimmt durch gegenseitige Wechselwirkungen, die vollständig
beschrieben werden können durch mathematische Gleichungen, die sogenannten
Bewegungsgleichungen, die die kausalen Zusammenhänge letztlich allen Geschehens
darstellen. Sie sind das, was man auch die Naturgesetze nennt. Dieses Paradigma ist deterministisch,
d.h. die Naturgesetze bestimmen zusammen mit den Anfangs- und Randbedingungen
für die Lösung der Bewegungsgleichungen eindeutig,
was geschieht. Dies ist zum Idealbild aller wissenschaftlichen Erkenntnis
geworden. … Immaterielle Kategorien wie Seele und Geist werden als
„übernatürlich“ abgelehnt. Das bedeutet, dass man Empfindungen, Gedanken,
Vorstellungen etc., die Bewusstsein voraussetzen und die man gewöhnlich „geistige“ Phänomene nennt, auf …
materielle Prozesse im Gehirn zurückführen möchte. …
Dieses
Vorhaben hat es aber mit drei wesentlichen Problemen zu tun:
Psychische
Phänomene wie die genannten
Die immaterielle Kategorie „Bedeutung“ lässt
sich nicht wegdiskutieren,
weil sie untrennbar mit der Kategorie Information verbunden ist:
denn Information ist codierte Bedeutung,
wobei der Code materiell ist …, die Bedeutung aber nicht.
Information ist somit der Klammerbegriff, … der die Brücke schlägt zwischen den Ebenen …Geist (Bedeutungen) und … Materie (Code) und sie miteinander
verbindet.
Als
empirische Wissenschaft stützt sich die klassische Physik ausschließlich auf
die experimentell gegebene Materie, musste aber einsehen, dass … Materie durchaus nicht alles ist.
Das kam
so:
Ernst
Rutherford hatte 1911 aus seinen Streuversuchen, bei denen er Goldfolie mit α-Teilchen – das sind doppelt positiv geladene
Helium-Kerne – beschoss, sein Atommodell
abgeleitet, das wie ein Planetensystem im Kleinen aussah: im Zentrum ein
schwerer, positiv geladener Atomkern, umkreist von viel leichteren negativ
geladenen Elektronen, und zwar so vielen, dass die positive Kernladung
neutralisiert wird. Jedoch hatte Rutherfords Modell einen fatalen Mangel. Gemäß
der klassischen Physik kann ein solches Atom nicht stabil sein: bewegte
Ladungen, also die kreisenden Elektronen, müssten elektromagnetische Wellen
abstrahlen, dadurch Energie verlieren und in den Kern stürzen (wie erdnahe
Satelliten zur Erde).
Die
klassische Physik kann also im Atom nicht gelten!
Daraus zog Niels Bohr die Konsequenzen:
Um zwei fundamentalen Fakten der beobachteten Realität Rechnung zu tragen, nämlich:
a - Atome sind stabil und
b - sie haben ein „diskretes“ Linienspektrum bei der Emission und Absorption von Licht,
stellte Bohr drei mit der klassischen Physik unvereinbare Postulate auf und begründete 1913 damit sein Bohrsches Atommodell:
1 - Es sind nur diskrete Elektronenbahnen mit diskreten Energien En erlaubt, auf denen sie nicht strahlen, zwischen denen aber
2 - die Elektronen unter Aufnahme (Absorption) und Abgabe (Emission) von Lichtquanten (Photonen)
mit der Frequenz f nm = (E n – E m )/h
springen können,
wobei h das 1899 von Max Planck entdeckte Plancksche Wirkungsquantum ist.
3 - Die Auswahl der erlaubten Bahnen ergibt sich aus der Quantisierung des Bahndrehimpulses
gemäß mvrn = nh/2π, wobei die ganze Zahl n eine sogenannte Quantenzahl, rn der Bahnradius, m die Elektronenmasse und v die Bahngeschwindigkeit ist.
Die beiden ersten Postulate bedeuten:
Es gibt eine niedrigste Elektronenbahn für n = 1, den sogenannten Grundzustand, von der aus keine Emmission mehr möglich ist, d.h. Atome sind stabil (a), und es können nur diskrete Lichtquanten emittiert oder absorbiert werden (b).
Im dritten Postulat deutet sich die eigentliche Quantenrevolution an: dass nämlich Elektronen zugleich Teilchen und Welle sind
mit der de Broglie-Wellenlänge λ = h/mv
denn es folgt aus der Forderung, dass auf den Umfang 2
πrn einer erlaubten Elektronenbahn mit
dem Radius rn eine ganze Zahl n von Wellenlängen λ passen muss: 2
πrn = nh/mv.
Mit Hilfe dieser Postulate gelang es Bohr, die gemessenen Spektrallinien des Wasserstoffs quantitativ zu berechnen. Das war ein überzeugender Fortschritt des Bohrschen gegenüber dem Rutherfordschen Atommodell, aber der Erklärungswert ist nicht sehr groß, wenn man die Beobachtungen (a und b) lediglich auf Postulate zurückführt. Deshalb musste eine Theorie gefunden werden, in der die Postulate zu Resultaten werden. Das gelang in den Folgejahren in einem fruchtbaren Diskurs von Physikern aus mehreren europäischen Ländern, dessen Hauptorte Kopenhagen und Göttingen waren.
Das Ergebnis war die revolutionäre Quantenmechanik, die 1925 in den äquivalenten Formulierungen von Schrödinger als sogenannte Wellenmechanik und von Heisenberg als sogenannte Matritzenmechanik
gipfelte. Sie enthält zwei Grundgrößen, die Wellenfunktion ψ und die Observablen O.
Die Wellenfunktion ψ ist die Lösung der fundamentalen Schrödinger-Gleichung
und wird durch komplexe Zahlen dargestellt, d. h. sie beinhalten einen Real-
und einen Imaginärteil. Es sind
dies die beim Bohrschen Atommodell bereits genannten Materie- bzw. de
Broglie-Wellen.
(Komplexe Zahlen z = a+ib sind aus zwei reellen Zahlen a, b zusammengesetzt, wobei i die sogenannte imaginäre Einheit mit i²= -1 ist. Jede komplexwertige Funktion kann durch Komponenten dargestellt werden, die Eigenfunktionen der gemessenen Observablen O sind. Die Koeffizienten dieser Darstellung geben die WAHRSCHEINLICHKEIT an, mit der der zugeordnete MESSWERT von O in Erscheinung tritt.)
Die Observablen O sind, wie der Name sagt, die messbaren Größen. Sie haben eine Maßeinheit, in der sie gemessen werden. … Die Observablen sind keine Zahlen, sondern Operatoren (Matrizen), die auf die Wellenfunktion einwirken. … Mögliche Messwerte sind reelle Eigenwerte der Observablen.
Die Wellenfunktion eines Objektes bestimmt die Wahrscheinlichkeit der Realisierung von
Eigenwerten der Observablen O bei einer Messung bzw. Dekohärenz, und zwar im einfachsten Fall als Integral über den Raum mit
der Ortsvariablen r, von der die Wellenfunktion abhängt:
M(O) = ∫ψ*(r)Oψ(r)dr.
(Dekohärenz wird auch „permanente
Messung“ genannt. Dekohärenzeffekte treten auf, wenn ein zuvor isoliertes
quantenphysikalisches System mit seiner Umgebung in Wechselwirkung tritt.)
Wellenfunktionen sind selbst nicht messbar. Sie sind komplexwertig,
beinhalten den bereits erwähnten mathematisch begründeten Imaginärteil und
haben keine Maßeinheit. Mathematisch sind sie als Lösung der
Schrödinger-Gleichung des Objektes gegeben.
Allgemein gesagt:
Wellenfunktionen stellen die
Potentialitäten der Wirklichkeit dar. Sie sind wirklich, weil sie
bestimmen, was Realität werden kann!
(Hans-Peter Dürr, Heisenbergs enger
Mitarbeiter und Nachfolger in der Leitung des Max Planck-Institutes, betont den Bedeutungs- und Beziehungscharakter der Wellenfunktionen und nennt sie „Erwartungsfelder“.)
Der Bewusstseinsprozess – unser Denken – ist eine durch Quantenkohärenz, also durch
quantische Verbundenheit orchestrierte, fortlaufende Abfolge von
messprozessartigen Faktifizierungen quantischer Potentialitäten des Gehirns. …
Im quantenmechanischen „Messprozess“ findet die erwähnte Geist-Materie-Interaktion
statt (Geist als Inbegriff aller Bedeutungen): nicht messbare über-räumliche
und über-zeitliche Potentialität – und
mit ihr Bedeutung – tritt im menschlichen Gehirn in die Realität,
indem Gedanken, Empfindungen und Sinneswahrnehmungen in den Erregungsmustern
des Neuronennetzwerkes codiert und damit bewusst werden.
Die Quantentheorie, wie sie um 1925 entstand, ist die nicht-relativistische Einteilchen-Quantenmechanik. Sie wurde bald weiterentwickelt zur relativistischen Quantenfeldtheorie, besonders durch Beiträge von Paul Dirac und Richard Feynman, wobei aber die Grundgegebenheit messbarer Observablen und nicht messbarer Zustände … erhalten bleibt. Obwohl die Quantenphysik in dem Bemühen entstand, die Physik der Atome zu verstehen, … ist ihre Gültigkeit keineswegs auf den submikroskopischen Bereich beschränkt. Längst ist erwiesen, dass sie das Fundament für die gesamte Physik einschließlich der Kosmologie und der Prozesse unseres Bewusstseins ist.
Fischbeck gelingt es in dieser relativ
kurz gefassten physikalischen Begründung den mit der Wellenfunktion und ihren
WAHRSCHEINLICHKEITEN unmittelbar verbundenen Aspekt der POTENTIALITÄT und der
BEDEUTUNG – als dem Universum zu Grunde
liegenden geistigen Prinzip – nachvollziehbar
zu beschreiben. (Die
ungekürzte Fassung dieses Textes eines Vortrages Fischbecks kann eingesehen
werden in Heft 132 (Herbst 2019) der „Briefe zur Orientierung im Konflikt
Mensch-Erde“ der Ev. Akademie Sachsen-Anhalt e.V., forschungsheim@ev-akademie-wittenberg.de.)
Dass die Gesetze der
Quantenphysik – und mit ihnen auf der Basis der naturgesetzlichen Möglichkeiten die
Potentialitäten der jeweiligen evolutionären Entwicklungsphasen – überall und immer im Universum gelten und
gegolten haben, führt zu der Folgerung, dass BEDEUTUNG und ERWARTUNG, auf
ENTFALTUNG drängend, seit Anbeginn des Universums in einer entscheidenden Rolle
bei sämtlichen Prozessen der Entstehung (Materie –
Galaxien – Leben
– Bewusstsein) mitgewirkt haben!
So waren sich die Großen und
Bedeutenden unter den Quantenphysikern auch überraschend einig in ihrer
Beurteilung, dass der Welt ein geistiges Prinzip zu Grunde liegt:
„Die Grundlage der Welt ist nicht materiell, sondern geistig.“
(Hans-Peter Dürr)
Den unmittelbaren Ausdruck dieses
auf ENTFALTUNG drängenden Prinzips können wir erkennen: unter anderem in
unserer genetisch angelegten Fähigkeit zur Empathie und zu Mitgefühl und ganz
besonders in unserer Befähigung zu der Erfahrung „grenzenloser Freude“ und „allumfassender Liebe“ (siehe Ott/Dietrich unter „Das Wesentliche“ und unter
„Fachliteratur“ auf dieser Webseite) in unseren tiefsten Momenten: unseren Transzendenz-Erfahrungen …
Der Quantenphysiker Gerhard Luhn und der Gehirnforscher Gerald Hüther verweisen in diesem
Zusammenhang auf Erkenntnisse des Neurobiologen Francisco Varela. „Varela hat aufgezeigt,
dass der komplette Lebensprozess in eine Art imaginärwertigen Kontext eingebettet ist. … Objektiv
können wir angeben, dass es eine solche Struktur gibt. Diese besteht darin, dass jede
imaginärwertige Funktion (wie z.B. x2 = -1) in eine Lösungsstruktur umgewandelt werden kann, die
unendlich viele, alternierende Lösungen enthält. … Der zweite Hauptsatz der Thermodynamik fordert
nun, dass Lebewesen möglichst energiesparend dennoch neue Wege suchen. Dies wohnt aber dem
skizzierten Modell gerade inne, denn die so erzeugten Zukunftsentwürfe müssen nicht erst durch
algorithmische Simulationen energiereich erzeugt werden.“ (Gerhard Luhn).
Auch Thomas Görnitz geht auf den Aspekt des Unendlichen in einer Beschreibung quantischer Bewusstseinsbildung und von „Selbstreferenz“ ein (in „Evolution des Geistigen“).
- Neurowissenschaft -
Dr. Ulrich Ott ist Psychologe und Neurowissenschaftler.
Sein Forschungsschwerpunkt sind die Effekte von Meditation auf die Funktion und Struktur des Gehirns.
Text aus
Ulrich Ott
“MEDITATION FÜR SKEPTIKER”
- Ein Neurowissenschaftler erklärt den Weg zum Selbst -
O. W. Barth-Verlag, München, 2010
Mystische Erfahrungen
... Eine erweiterte Liste typischer Merkmale wurde von Stace (1961) erstellt und bereitete
die Grundlage für die empirische Forschung mit Fragebögen (Hood, 1975):
… „Einheit“ führt die Aufzählung von Stace an und wird von ihm als wichtigstes definierendes Merkmal angesehen. Dies spiegelt sich auch im Begriff der Unio mystica wider und in der zentralen Aussage der Mystiker: „Alles ist eins“.
Aufgrund seiner Analyse von Berichten aus verschiedenen Kulturen und Epochen kam er zu dem Schluss, dass es sich um einen kulturunabhängigen gemeinsamen Kern solcher Erfahrungen handele. Auch die umfassende Analyse von Marshall
aus dem Jahr 2005 resultiert in einer ähnlichen Liste von Merkmalen. Wiederum steht das Erleben von Einheit an erster Stelle.
In der empirischen Forschung mit Fragebögen zeigte sich ebenfalls wiederholt ein Faktor zu mystischen Erlebensweisen. So etwa in der internationalen Studie zu veränderten Bewusstseinszuständen von Dittrich et al. (1985). Der
entsprechende Faktor wurde hier „Ozeanische Selbstentgrenzung“ benannt, in Anlehnung an den Begriff des ozeanischen Gefühls von Siegmund Freud. In den entsprechenden Aussagen der Fragebogenskala werden vor allem die Erfahrung von
Einheit, Paradoxie und tiefen positiven Gefühlen ausgedrückt. Als repräsentative Beispiele seien genannt:
In dieser internationalen Studie waren die Auslöser der veränderten Bewusstseinszustände sowohl Meditation als auch die Einnahme psychoaktiver Substanzen. In einer eigenen Studie mit erfahrenen Meditierenden verschiedener Richtungen ergab sich ebenfalls ein Hauptfaktor „Mystisches Erleben“ (Ott, 2000), was unterstreicht, dass zeitgenössische Meditierende ähnliche Erfahrungen machen, wie sie in den Überlieferungen der meditativen Traditionen beschrieben werden. … Die Aufspaltung in ein Subjekt und davon getrennte Objekte der Außenwelt, die das normale Alltagsbewusstsein kennzeichnet, wird aufgehoben. Die Erfahrung, dass alles eins ist, hat dabei die Qualität einer Wahrnehmung. Die Betroffenen haben den Eindruck, mit einer objektiven Realität in Berührung gekommen zu sein, die wirklicher ist als die Realität, die sie im normalen Wachzustand erleben (Marshall, 2005).